Der Prospekt enthält überraschen viele (dadurch kleinere) Bilder die über das damalige Standard-Repertoire hinaus gehen und damit fast alle Besonderheiten Oberstdorfs darstellen.
Dort, wo die wilden Bergwasser der Trettach, Stillach und Breitach durch den Zusammenfluß die Iller bilden, wo die Südwestgrenze des Deutschen Reiches hoch oben auf den Kämmen und wildzerklüfteten Graten des gigantischen Gebirgsstockes der Allgäuer Alpen verläuft, wo die Bergwände in steilen Wandfluchten und langen, den ganzen Sommer und Herbst über grünen Berghängen - einem Charakteristikum dieses gottbegnadeten Erdenwinkels - in das Tal abfallen, liegt eingebettet Oberstdorf.
Trotz seiner von internationalen Straßen abseitigen Lage ist es durch den fortschreitenden Ausbau aller Verkehrswege vor Jahrzehnten, wie so manches Alpendorf mit klingendem Namen, dem Dornröschenschlaf vergangener Jahrhunderte entrissen worden und aufgerückt in die Reihe der großen Alpenkurorte, die weit und breit bekannt sind. Seinen Aufstieg verdankt es nicht nur seiner einzigartigen landschaftlichen Schönheit, sondern auch seinem hervorragendem Klima, das alle Merkmale eines hochalpinen Klimas trägt: durch den Kranz der bis zu 2600 Meter hoch aufsteigenden Berge eine beispiellose Windstille, auch in den schlechtesten Wintermonaten und während des größten Teiles des Jahres herrlichsten Sonnenschein. Zu keiner Jahreszeit wird diese intensive Sonnenstrahlung lästig empfunden, weil vor allem im Sommer, zumeist eine leichte, sanfte Brise von Berg zu Tal und von Tal zu Berg streicht und weil die Nächte stets Abkühlung bringen. Während des ganzen Jahres bietet sich eine Fülle der prachtvollsten Natureindrücke und es ist schwer, irgend einer Jahreszeit den Vorzug zu geben.
Der Winter zeichnet sich durch großen Schneereichtum aus, das Frühjahr schenkt durch seine hart beieinanderliegenden Kontraste - oben auf den Bergen noch Schnee bis in den Frühsommer hinein, unten im Tal eine Alpenflora von seltener Üppigkeit - ungewöhnliche Reize für das Auge und für das seelische Empftnden.
Der Sommer mit seinem Sonnenglast bietet unbeschränkte Wandermöglichkeiten und der Herbst überirdisch schöne und klare Sonnentage mit meilenweiter Fernsicht von den Allgäuer Bergen auf ein Meer von vielgestaltigen Gipfein und wildzerrissenen Graten. Oberstdorf als Kurort ist dank seiner landschaftlichen und klimatischen Vorzüge geradezu ausersehen, erholungsbedürftigen Menschen eine Zufluchtsstätte zu sein, um Körper und Geist von den Mühen und Sorgen des Alltags ein Weilchen zu befreien.
Mehr als 40000 Menschen ziehen alljährlich in dieses von der Natur mit besonderer Schönheit bedachte Bergland. Von hervorragenden Ärzten des In- und Auslandes wird Oberstdorf als Ort zu Nachkuren von Kissingen, Karlsbad, Marienbad, Nauheim usw. stets auf das Wärmste empfohlen. Entsprechend seinem Charakter als Kurort wurde und wird größtes Gewicht auf die Vermehrung und Verbesserung der Kurmittel gelegt. Als natürlichstes ist das überaus große fast 52 km lange, sehr gut gepflegte Wegenetz anzusehen, ist es doch mit an erster Stelle dazu berufen, all den vielen Menschen die herrlichen Natureindrücke auf bequeme Weise zu ermittein. Lange Wege mit stets wechselnden Landschaftsbildern führen durch Wiesen- und Waldgelände, teils über parkartige Höhenwege, von denen überraschend schöne Tiefenblicke in die vielen Seitentäler Oberstdorfs und Höhenblicke auf den Kranz der Allgäuer-Berge geschenkt werden.
Besonders intensiv wirkende Kurmittel sind die Freiluftbäder am unweit und sonnig gelegenen und entzückend von der Natur in die Landschaft hineinkomponierten Moorweiher sowie am prächtig von den Allgäuer Zentralalpen umrahmten Freibergsee. Die neuzeitliche, erst 1929 erbaute Badeanlage am Moorweiher bietet neben dem Baden auch herrliche Sonnenliegekuren in ausgedehntem gartenartigem Gelände und die Badeanlage am Freibergsee, dessen Wasser weich und mild ist, ist direkt an den See gebaut, - sie stellt ob der imposanten Lage des Sees inmitten der Bergwelt einen außerordentlich wertvollen Faktor der Kureinrichtunen Oberstdorfs dar.
Im Verein mit den Freilichtbädern ist auch Sorge für medizinische Bäder getroffen, So groß wie Oberstdorfs Bedeutung als Luftkurort ist, ist audi sein Ruf als Sportplatz für Sommer- und Wintersport. Nahezu alle Sportarten können auf den ausgedehnten Sportplätzen getrieben werden. Als schönste Sportanlage gelten die vier neuen En-tous-cas--Tennisplätze mitten im Ort und doch abseits des Straßenlärms gelegen. Tennistrainer steht zur Verfügung und große verbandsoffene Turniere sind Saisonereignisse. Im Winter wird an erster Stelle der Skisport getrieben und durch vom Verband für Berufssportlehrer geprüfte Skilehrer systematisch gelehrt. Das Gleiche gilt auch für den Eissport. Unerschöpllich sind die Wanderungen rund um Oberstdorf und die unendlich große Zahl von Bergtouren aller Schwierigkeitsgrade. Autorisierte Bergführer, eine alpine Auskunftsstelle, bis ins kleinste ausgebaute Literatur und beste Orientierungskarten sorgen für geregeltes Wandern in den Bergen.
Sieben Hütten des D. & Oe. Alpenvereins haben das weite große Gebiet der Allgäuer Alpen erschlossen. Eng verknüpft mit dem sportlichen Leben und Treiben ist das gesellschaltliche Leben. Som merfeste, Kurkonzerte, historische und Schuhplattlertänze, Bauerntheater, Lichtspielhaus, Lesehalle sind Mittelpunkte des Kurlebens.
Die Kurabgabe beträgt für:
1 Person und den Tag 30 Pf. bis zum Höchstsatze von Mk. 9.-,
2 Personen und den Tag 50 Pf. bis zum Höchstsatze von Mk. 15.-,
3 Personen und den Tag 75 Pf. bis zum Höchstsatze von Mk. 22.50,
4 Personen und den Tag Mk. 1'.~ bis zum Höchstsatze von Mk. 30.-,
Familien mit mehr als 4 Personen für den Tag Mk. 1.20 bis zu einem
Höchstsatze von Mk. 36.-. Kinder unter 4 Jahren zahlen keine Kurtaxe.
Entsprechend dem von Jahr zu Jahr steigenden Besuch Oberstdorfs ist auch die Unterkunft und Verpflegung auf zeitgemäßer Höhe. Modernste Hotellerie hat sich ohne störend zu wirken in nächster Nähe Alt-Oberstdorfs entwickelt und es ist als ein Vorzug dieses Alpenkurortes zu werten, daß altes Kulturgut, Sitte und Brauch der eingesessenen Bevölkerung im Gegensatz zu anderen berühmten Kurorten erhalten geblieben ist. Dies bietet eine Fülle der interessantesten Eindrücke für Freunde des Heimatgedankens und des Volkslebens. Trotz zähem Festhalten an Altüberkommenem wurden dem modernen Unterkunftswesen in Hotels, Pensionen, Gasthöfen und in Privatwohnungen größte Aufmerksamkeit und Sorgfalt zugewendet und Einrichtungen geschaffen, die verwöhntesten und einfachsten Bedürfnissen entgegenkommen, sowohl hinschtlich der Unterkunft selbst, als auch der Verpflegung. Die Gesamtbettenzahl wurde durch zahlreiche Neubauten in den letzten jahren auf 4500 erhöht. Ein genaues Wohnungsverzeichnis gibt Aufschluß. In der Vorsaison zur Sommer- und Wintersaison, d. i. Mai, einschließlich erste Hälfte des Juni, ferner zweite Hällie September und der Oktober, ermäßigte Preise. Sommersaison von 15. Juni bis 15. September, Wintersaison von 15. Dezember bis 15 März. Der besonders günstigen Witterung wegen empfiehlt es sich, auch Frühjahr und Herbst zum Aufenthalt zu wählen, ein Vorzug der von Kennern schon längst ausgenützt wird.