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Oberstdorf.  Gestern, Heute und Morgen.
Ortsprospekt 1897, Seite 1
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Anno 1897

von Peter Traskalik am 12.06.2011

In einer Höhe von 843 Meter und inmitten eines schützenden Kranzes von Bergen gelegen, erfreut sich Oberstdorf eines alpinen Klimas von gesunder und vergleichsweise milder Beschaffenheit. Stürme und rauhe Winde sind während des ganzen Jahres sehr selten.

Daten

  • Geheftet, 20 Seiten
  • Herstellung: C. Jacobsens's Kunstanstalt, Altenburg S.A.
  • Text wohl von Dr. Hans Modlmayer im Reiseführer-Stil damaliger Zeit
  • Bilder und Photographie von M. Rauch in Kempten und von Zabuesnig
  • Klapp-Ortsplan

Besonderheiten

  • Text und Formulierungen orientieren sich an die damals übliche Reiseführer-Form und beschreiben ausführlich alle Berge und Orte.
  • Nachweis der Sonennstunden im Vergleich mit Davos und Zürich. Dies war in den Anfängen des Tourismus wohl ein wichtiges Argument. Die von Dr. Reh angestellten Beobachtunge ergeben über 5 Jahre : 57% vollkommen schöne Tage. Unser lokales Mikroklima sollte mal wieder stärker in die Tourismuswerbung rücken.
  • Der Verfasser behauptet, Oberstdorf sei nur 10 Meilen (16km) Luftlinie von Davos entfernt, in Wirklichkeit sinds 45 Meilen (ca. 75km)

Text

Lage und Umgebung.

Der Marktflecken Oberstdorf liegt in der südlichsten Spitze Deutschlands, im bayerischen Algäu. im Hintergründe des bis ins Herz der Kalkalpen eingeschnittenen Illerthales. Hier, inmitten eines 4 1/2 Kilometer langen und 3 Kilometer breiten Thalkessels, ist auf dem Kalkgerölle der das ganze Thal durchschneidenden Bäche, der Trettach und der Stillach, der Ort erbaut. Eine Viertelstunde nördlich vom Orte, oberhalb der nur wenige hundert Meter offenen Thalpforte, vereinigen sich die beiden Bäche mit der aus dem
kleinen Walserthale kommenden Breitach, beim Zusammenflusse die Iller bildend.

Unmittelbar am Orte erheben sich nordöstlich und östlich das Rubihorn, Nebelhorn und der Schattenberg, südlich der steil aufstrebende Himmelschroffen und die höchsten Erhebungen des Hauptzuges der Algäuer Alpen mit dem südlichsten Grenzpunkte
des deutschen Reiches, dem Biberkopfe, von dessen Gipfel der Blick über Tyrol und die Schweiz hinweg bis zur Grenze Italiens reicht.

Im Westen sind Seitenäste des Algäuer Hauptkammes: der Fellhornstock, der hohe Ifen, die Gottesackerwände, der Besler und der Bolgen: nach Norden steht der Grünten dem Blick gegen das schwäbische Hügelland vor. Die den Oberstdorfer Bergen eigentümlichen geognostischen Verhältnisse gaben denselben ganz charakteristische und verschiedenartige Formen: stundenlang sich fortziehende Felswände wechseln mit kühngebauten Dolomitzacken und regelmässig geformten, spitzigen Pyramiden. Meist sehr steil vom Thal ansteigend sind die bewaldeten Berghänge bald von Wiesen, bald von riesigen Felsabstürzen unterbrochen. Auf den sanfter geneigten, das Auge aller Besucher erfreuenden grünen Bergmatten hat sich eine Weitbekannte, ausgedehnte Alpenwirtschaft angesiedelt. Den steilen Bergformen entsprechend ist der Lauf der vielen Bäche oftmals durch (bis 300 Meter hohe) Wasserfälle unterbrochen. Mehrere Seen laden durch ihre liebliche Lage zwischen Wald- und Wiesenhängen, durch ihre wunderbare Färbung zum Besuche ein oder beleben eine einsame Felslandschaft auf stiller Bergeshöhe.

Klima.

In einer Höhe von 843 Meter über dem Meere und inmitten eines schützenden Kranzes von Bergen (1700 bis 2687 Meter hoch) gelegen, erfreut sich Oberstdorf eines alpinen Klimas von gesunder und vergleichsweise milder Beschaffenheit. Die Luft ist staubfrei und sehr sauerstoffhaltig, von kräftigender Wirkung. Stürme und rauhe Winde sind während des ganzen Jahres sehr selten. Frühling von Ende April an in der Regel sehr schön mit üppiger Alpenflora. Niederschläge treten nicht häufiger auf als in anderen Gebirgsgegenden; der trockene Kalkboden saugt jedoch hier die Feuchtigkeit rasch wieder auf, so dass meist gleich nach dem Regen die Hauptspaziergänge wieder trocken sind. Im Sommer wird übrigens auch an den heissesten Tagen die Wärme durch kühle Nächte, reichliche Taubildumg und tagsüber durch regelmäßige, höchst angenehme Luftbewegung gemildert. Meist trockener und warmer Herbst mit klarem Himmel und herrlicher Bergbeleuchtung. Auch im Winter kommt die bedeutende Meereshöhe, sowie die geschützte Lage gegen Nordosten und Osten in günstigster Weise zur Geltung. Der Sonnenschein ist im Oberstdorfer Winter sehr regelmässig und infolge der absolut reinen Luft von kräftigster Wirkung, so dass der Aufenthalt im Freien um die Mittagszeit auf Balkonen etc. fast während des ganzen Winters möglich ist. Seiner Meereshöhe nach liegt Oberstdorf über der Zone der Herbst- und Winternebel.

Da nach dem Urteile ärztlicher Autoritäten die Dauer und Intensität des Sonnenscheines der hauptsächlich wirksame Faktor bei den Winterstationen ist, so fügen wir folgende, den Veröffentlichungen der lt. b. meteorologischen Centralstation entnommenen Daten an, aus welchen sich ergiebt, einerseits wie gross der Unterschied der Besonnung zwischen hohen und niederen Orten ist, und andererseits, wie nahe Oberstdorf in dieser Hinsicht dem berühmten Davos, von welchem übrigens Oberstdorf in der Luftlinie gemessen nur 10 Meilen entfernt ist, steht.

(Fortsetzung unten in eingescannten Seiten)

Das Prospekt

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